Montag, 21. November 2011

Sommer, Frühling, Herbst und Winter

Das stimmt in Indien nicht so ganz. Hier gibt es nur den Sommer (ungefähr Februar - Juni), den Monsun (Juni - September) und den Winter (September - Februar). Wir haben die Regenzeit, in der man immer befürchten musste klitschnass nach Hause zukommen, endlich hinter uns.

Sieht aus wie Herbst, fühlt sich an wie Sommer, ist aber Winter.

Jetzt ist gerade Winter und die Inder frieren. Ich merke kaum einen Unterschied und 25 - 30 ° sind für mich wahrlich keine Wintertemperaturen! Umso mehr muss ich schmunzeln, wenn ich Inder morgens mit ihren Strickmützen oder Strickjacken sehe. Auch Yvonne musste sich vor kurzem das Lachen verkneifen, als unsere Gastmutter sie gefragt hat, ob sie friere. Wenn die wüssten, wie sich richtiger Winter anfühlt! Jetzt läuft es auf Weihnachten zu und ich werde die Kälte, die einfach zur Weihnachtsstimmung gehört, sicher vermissen.

Wir sind sehr dankbar für unser mildes Klima hier in Mysore. Die Luft ist frisch und wir freuen uns über jeden Windzug. Wie gut wir es haben, merken wir immer wieder, wenn wir aus anderen Orten in unsere Stadt zurückehren.
Letzte Woche waren wir in Kundapur im FSL-Büro und in Udupi um unsere „Residential Permit“ abzuholen. Das ist ein Zettel auf dem geschrieben steht, dass wir das Jahr über in Indien leben und auch als solche behandelt werden sollen. Bei vielen Sehenswürdigkeiten müssen Ausländer zum Beispiel 10-fachen oder 20-fachen Eintritt zahlen. Wenn wir unsere Registrierung vorzeigen, ist das nicht mehr der Fall. Dort an der Küste hab ich aufgrund des Klimas und der schwülen, schweren Luft wieder gelitten und ohne Ende geschwitzt. Wenn das der Winter ist, freue mich schon auf den Sommer.. Dann verzieh ich mich am besten ins Himalaya und komme erst wieder zurück, wenn die Temperaturen gesunken sind!


Morgen Abend geht es wieder nach Kundapur. Dort findet unsere erste Quarterly Evaluation statt. Alle deutschen Freiwilligen unserer Ausreise treffen sich um für drei Tage Erfahrungen auszutauschen. Ich bin gespannt, wie es den anderen ergangen ist und hoffe, viele glückliche Gesichter zu sehen!
Am Freitag fahre ich nach Gokarna ans Meer und mache dort für zwei Tage einen Miniurlaub bevor es am Montag wieder mit dem Unterrichten losgeht.


Donnerstag, 10. November 2011

Neubeginn mit Lebensmittelvergiftung

Der Wunsch unser Projekt zu wechseln war bei Yvonne, Lilli und mir schon im August gegenwärtig. Mit der Arbeit in der Schule waren wir von Anfang an nicht zufrieden, hofften aber, dass es sich noch ändern wird. Natürlich tat sich nichts und so haben wir unserem Koordinator mitgeteilt, dass die Situation für uns nicht tragbar ist. Auch, dass wir zu dritt 24 Stunden miteinander verbracht haben, entsprach nicht unserer Vorstellung von Interkulturellem Lernen. Ein weiteres Problem war die Beziehung zu unserer Gastmutter. Sie hat wie Angestellte und nicht wie einen gewünschten Teil ihrer Familie behandelt. Wir haben uns nicht willkommen gefühlt. Ich möchte nicht weiter ins Detail gehen.
Es hat sich lange Zeit nichts getan und wir mussten Geduld üben. Als es Ende Oktober immer noch so aussah, dass sich nichts ändert, waren wir enttäuscht von FSL und haben eine „Droh-Mail“ verfasst. Darauf wurde sofort reagiert und wir wurden am nächsten Tag aus der Familie geholt und übergangsweise in einem Hotel in der Innenstadt untergebracht.

Zwei Stunden vorher wurde uns Bescheid gesagt, dass es soweit ist. Wir mussten unser Zeug in Rekordgeschwindigkeit packen. Zeit zum Verabschieden der Kinder war nicht da. Lediglich unserer Gastfamilie konnten wir „Tschüss“ sagen. Die Stimmung war angespannt, aber unsere Gastmutter hat überraschend traurig gewirkt, obwohl sie vorher immer den Anschein gemacht hat, unzufrieden mit uns zu sein. Also war der Abschied für uns doch härter und sentimentaler als erwartet. Besonders schwer ist es mir gefallen, meine beiden Gastbrüder zu verlassen, da sich mittlerweile eine geschwisterliche Beziehung aufgebaut hat. Ich hab die beiden sehr lieb gewonnen. Zu unserem Glück haben sie uns gesagt, dass wir jeder Zeit zu Besuch kommen können. Darüber hab ich mich sehr gefreut.
Also haben wir dann eine Woche im Hotel gewohnt und wollten unsere neuerworbene Freiheit genießen. Aber da hat Yvonne und mir ein Restaurant einen Strich durch die Rechnung gemacht. Anscheinend war etwas verdorben, sodass wir die darauffolgende Nacht kein Auge zu bekommen haben und nur auf der Toilette verbracht haben. Wir haben uns beide eine gemeine Lebensmitteilvergiftung zugezogen und konnten die nächsten Tage nichts essen; nicht mal an Essen denken und wenn wir Essen gerochen haben, folgte der nächste Brechreiz. Ich habe noch nie solche Schmerzen erlebt.
Als wir einigermaßen fit waren, haben wir uns mit Leuten von FSL verschiedene Projekte angeschaut und durften uns selber für eins entscheiden. Lilli ist jetzt in einer regulären Schule mit 500 Kindern in Kushalnagar (zwei Stunden von Mysore entfernt) und lebt dort in einer Gastfamilie. Yvonne und ich sind direkt in Mysore in staatlichen Schulen im Einsatz. Sie sind ganz in der Nähe von unserem alten Wohngebiet. Wir leben jetzt zusammen in einem PG („Paying Guest“). Das ist so etwas wie ein Apartment, in dem wir mit anderen indischen Mädchen in einer Art WG zusammen leben. Wir teilen uns zu zweit ein Zimmer und leben in guten Verhältnissen. Zwar wollten wir lieber in Gastfamilien leben, aber diesen Wunsch konnte uns FSL aus Mangel an Gastfamilien in Großstädten nicht erfüllen. Wir sind dort trotzdem glücklich! Vorteile hat das Ganze nämlich auch. Wir haben viel weniger Pflichten als es in einer Gastfamilie wäre.. Das ist auch mal ganz angenehm ;) Das WG - Leben ist eine schöne Erfahrung. Die Mädels sind alle Mitte zwanzig, haben schon studiert und arbeiten ganztags, beispielsweise im Krankenhaus, IT-Bereich oder Callcenter. Sie sind gebildet, freundlich und wir verstehen uns gut, vielleicht entstehen sogar Freundschaften :)

Und nun zu meiner Schule! Meine Schule hat die Klassen 1 – 10 und ungefähr 120 Schüler. Es herrscht Lehrermangel und manche Klassen, wie die 5. und 6. oder 2. und 3. werden manchmal zusammen in einen Raum gesteckt. Die Kinder kommen aus ärmeren Verhältnissen, sind alle total lebendig und lieb. Ich hab schon viel unterrichtet und habe Spaß mit den Kleinen! Die Kinder in den gemischten Klassen sind nicht still zu kriegen und meinen selber, ich sollte den „Stick“ nehmen und sie zur Bestrafung schlagen. Das kommt für mich gar nicht in Frage, aber wie ich das Problem sonst lösen soll, ist mir noch nicht ganz klar. Wie es mit dem Unterrichten an der neuen Schule voran geht, werde ich berichten. Fotos von der Schule und den Kindern folgen!
Bis dann!


Sonntag, 6. November 2011

Happy Diwali!

Ende Oktober stand mal wieder ein Festival vor der Tür. Es ist eines der größten und bekanntesten: Lichterfest heißt es aus ausländischen Mündern.





Es wird an den letzten zwei Tagen des Monats Ashvin und den ersten zwei Tagen von Kartik (Oktober/November) gefeiert und da die Hindus einen anderen Kalender haben als wir Westler, kann man es mit Silvester vergleichen.
Ich war gespannt, da ich schon viel darüber gehört und gelesen hatte. Was ich dann aber tatsächlich davon erlebt habe, war ernüchternd. Von unserer Familie wurden lediglich Feuerwerke gekauft und an zwei Abenden in die Luft gejagt. Unsere Familie hatte Unmengen davon gekauft, dachten wir, als wir die Kartons sahen. Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass der Vater eines der in der Schule lebenden Kindes, der sehr reich ist, die Feuerwerke und Zündkerzen gespendet hatte. Ich bewundere diesen Mann, da er einer der wenigen ist, der sein Kind regelmäßig besucht und unglaublich viele Geschenke, Süßkram, Chips usw. für alle Kinder mitbringt und es ohne ihn sehr viel magerer aussehen würde.
Gegen Abend wurde dann richtig geböllert. Ich habe noch nie in meinem Leben so laute Böller gehört. Von lauten Knallern habe ich noch nie viel gehalten. Aber diese haben meine Schmerzgrenze erreicht. Auch von Sicherheitsvorkehrungen halten Inder anscheinend nicht so viel, denn wenn man nicht aufgepasst hat, lief man Gefahr, von Funken oder Böllern getroffen zu werden. Auch gewundert hat es mich, dass zwei der behinderten Jugendlichen Feuerwerke starten durften. Auch das wäre in Deutschland undenkbar. Dabei betont unsere Gastmutter immer, dass diese Kinder speziell sind und man nie weiß, wie sie reagieren können. „Selber schuld!“ - dachte ich, als einer der Jungen nicht vorsichtig genug mit seiner Wunderkerze umgegangen ist und ein paar Haare unserer Gastmutter abgefackelt hat.


Mein kleiner Gastbruder
Gastvater Prasanna

Yvonne

Meine Gastbrüder und die Kinder waren begeistert. Der Kleine ist die ganze Zeit aufgeregt herumgehüpft und wollte Wunderkerzen (selbst!) anzünden. Besonders schön war es, als es ihm gelang und er über beide Ohren gegrinst hat.
Es waren schöne Stunden und es kam etwas Silvesterstimmung auf.



Vorhof von Mana Shanti
Mein kleiner Süßer