Ein Mal im Jahr wird Mysore zum Reiseziel vieler Touristen, sowohl für Ausländer als auch für Inder. Kaum woanders wird das Dasara-Festival so groß und prunkvoll gefeiert wie in meiner Stadt Mysore. Von Ende September bis zum 6. Oktober feiert man den Sieg der Göttin Durga über den Büffeldämon Mahisha.
Ich konnte beobachten wie die Stadt von Tag zu Tag dekoriert und geschmückt wurde.
Abends fanden Maharadscha-Palace Konzerte und Tanzvorführungen statt. Die Stadt wurde voller und voller und die Hotels ausgebucht. Polizisten waren im Dauereinsatz um den Verkehr und die überfüllte Stadt zu regeln.
Mysore Dasara und die Massenpanik werde ich niemals vergessen!
Ich konnte beobachten wie die Stadt von Tag zu Tag dekoriert und geschmückt wurde.
Abends fanden Maharadscha-Palace Konzerte und Tanzvorführungen statt. Die Stadt wurde voller und voller und die Hotels ausgebucht. Polizisten waren im Dauereinsatz um den Verkehr und die überfüllte Stadt zu regeln.
Maharadscha-Palace bei Nacht |
Am 6. Oktober war der Höhepunkt des Festivals. Da fand die farbenfrohe und fröhliche Dasara-Prozession statt. Die Straßen wurden abgesperrt und überall wo man hinschaute waren Polizisten im Einsatz. Angeblich waren eine halbe Million Touristen hier. Wir haben uns (viel zu spät!) um einen Platz am Straßenrand bemüht. Leider kamen Yvonne, Kerstin und ich viel zu spät und konnten uns keine guten Plätze mehr sichern. Wir befanden und irgendwo in der fünften Reihe. Um 14 Uhr sollte die Parade beginnen. Wir saßen auf dem Boden eingequetscht zwischen hunderten von Indern. Alle waren mit Schals und Regenschirmen gegen die knallende Sonne bewaffnet. Wir saßen da, haben geschwitzt, gestöhnt und uns über drängelnde Inder aufgeregt. Es wurde immer voller und stetig heißer, enger und unangenehmer. Warten macht keinen Spaß! Vor allem nicht auf dem Boden in einer unbequemen Position.
So sah es hinter uns aus. |
Und so vor uns. |
Angefangen hat das ganze mit einem Auto- und Motorradkorso |
Irgendwann ging an unserem Platz das Gedränge richtig los. Männer haben einander angeschrien, sich um Plätze gestritten und sich geprügelt. Die Polizisten haben mit ihren Schlagstöcken ausgeteilt. Das Aufprallen war nicht zu überhören. Kinder haben geweint, Leute wurden zerquetscht und die Masse schien außer Kontrolle. Das war die erste Massenpanik in meinem Leben. Selbst ich hatte Angst und wusste nicht, wie ich mich verhalten soll. Die Reihen sitzender Inder hinter uns haben sich erhoben und schienen auf uns zu fallen. Die Polizisten haben versucht die Menschen zu beruhigen und Ordnung in das Chaos zu bringen. Wir wurden gezwungen sitzen zu bleiben. Es war unvorstellbar! So etwas habe ich noch nie erlebt! Zudem die knallende Hitze, Platzmangel, Sonnenbrand und Durst. Ein grauenhaftes Szenario..
Die Parade mit ihren Tanzgruppen, geschmückten Wägen, Trommlern, Musikern und Götterfiguren hatte schon begonnen, aber wir waren abgelenkt und der „Überlebenskampf“ stand im Vordergrund. Denn als das erste Problem beseitigt war (die Panik hatte sich beruhigt), wartete schon das nächste auf uns. Am selben Tag um 17 Uhr fuhr unser Bus nach Kerala. Die meisten Freiwilligen, die in regulären Schulen arbeiten, haben den ganzen Oktober Schulferien, deswegen haben mit zwei weiteren deutschen Volontären eine Reise durch Südindien geplant. Yvonne und ich sind zwar in keiner regulären Schule und haben keine Schulferien, aber von unserer Organisation haben wir einige Tage Urlaub zur Verfügung, die wir nach Belieben nehmen dürfen. Die Tickets hatten wir bereist gebucht und unser Gepäck bereits am Busbahnhof abgegeben.
Der Masse zu entkommen war unmöglich! Die Menschen versperrten alle Wege und man hatte nicht einen Zentimeter Platz. Also musste eine andere Lösung her, denn wir mussten unseren Bus kriegen! Die einzige Möglichkeit war es über die Absperrung zu klettern und mit der Parade zu laufen. Wir sahen einige Touristen, die sich wohl das gleiche gedacht haben. Zum ersten mal nutzen wir unseren Weißen-Bonus. Den Indern war es verboten darüber zu gelangen. Die Polizisten lächelten und ließen uns dem Wahnsinn entkommen. Nun waren wir mittendrin und immer noch nicht weiter. Wir liefen mit der Parade. Die Menschen jubelten, pfiffen, schossen Fotos und feierten uns wie Stars. Kinder hielten uns ihre Hände hin und wollten uns anfassen. Es war unbeschreiblich! Wir liefen und liefen um irgendwo ein Fünkchen Hoffnung und einen Ausweg zu finden. Vergeblich. Überall waren Tausende von Menschen. Auf Bäumen, Dächern und am Straßenrand.
Wir haben drei weitere deutsche Mädchen getroffen. Sie sind Medizinstudentinnen, haben hier ein Praktikum gemacht und hatten ein ähnliches Problem: Sie mussten ihren Zug um 17 Uhr nach Bangalore kriegen um von dort aus wieder nach Deutschland zurückzufliegen. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Also liefen wir mit ihnen unter Zeitdruck kraftlos und verzweifelt weiter die Straße entlang. Die Strecke der Parade wollte einfach nicht enden. Durch die Menschenmassen am Rand konnten wir auch nicht. Polizisten erklärten uns, dass die Strecke noch sechs bis acht Kilometer lang sei. Ich habe fast aufgegeben. Wir hatten nur noch wenig Zeit und zu Fuß hätten wir es nicht geschafft. Wir hatten die Parade schon überholt. Ich sah ein Polizeiauto und hoffte, sie könnten uns herausbringen. Ich hab schon trauriger Weise an Korruption, die in Indien kein seltenes Mittel ist, gedacht. Zuerst haben sie abgelehnt und meinten, es sei unmöglich. Doch als wir ihnen den Ernst unserer Lage erklärten und fast bettelten, haben sie uns reingelassen und herausgefahren. Zum Schluss meinten sie freundlich: „Wir sind eure Freunde und Helfer“. Das Geld haben sie doch nicht angenommen. Diese Männer waren unsere Retter! Schnell schnappten wir uns eine Rikscha und fuhren zum Busbahnhof. Uns blieben nur noch ein paar Minuten. Als wir es endlich in den Bus geschafft haben, freuten wir uns, da wir etwas scheinbar Unmögliches gemeistert haben. Wir haben uns die Seele aus dem Leib geredet und konnten die überwältigenden Erlebnisse in Ruhe verarbeiten.
Ich kann mir einen schöneren Weg vorstellen um in den Urlaub zu fahren ;)Mysore Dasara und die Massenpanik werde ich niemals vergessen!
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