Samstag, 19. Mai 2012

Ein Nachtrag zu indischen Hochzeiten und das Problem der Abtreibung von Mädchen





Dass die meisten indischen Hochzeiten arrangiert sind, habe ich ja bereits erwähnt. Doch die ganze Hintergrund- und Zusatzinformation fehlen noch.

Monatlich werden in Indien 50 000 weibliche Föten abgetrieben. Der Grund: Mädchen sind unerwünscht und zu teuer. Zudem werden viele neugeborene Mädchen ausgesetzt. Die Zahl ist unbekannt. Es gibt viele NGO's, die Heime für solche Mädchen bauen damit sie nicht auf der Straße umkommen.
Offiziell ist es seit 1994 in Indien verboten per Ultraschall das Geschlecht eines Ungeborenen zu erfahre. Auch Abtreibung ist illegal. Doch trotzdem wird es überall praktiziert und Ärzte verdienen ein Vermögen. Es sei so schwer, das Ganze zu kontrollieren. Schon jetzt herrscht eine große Geschlechterkluft. Denn jeder weiß, dass es so nicht weitergehen kann, doch trotzdem will keiner ein Mädchen. Die reichen Inder haben das Geld, denn so eine Abtreibung ist nichts für sie. Ärmere geben gerne umgerechnet 17 Euro dafür aus, denn es ist viel weniger als eine ganze Hochzeit eines Mädchens zu bezahlen.
Das Mitgiftproblem ist noch Alltag in Indien. Die Eltern des Mädchens suchen einen Partner aus. Die Eltern dieses Mannes stellen eine Summe für die Hochzeit. Somit müssen die Eltern des Mädchen meist ihr ganzes Vermögen für die Hochzeit und Geschenke für den Bräutigam ausgeben. Das ist tatsächlich immer und ausschließlich so! Die Feste sind sehr teuer und eine Last für die Eltern. Deshalb sind Jungen einfach beliebter, denn sie bringen Geld und Hilfe und irgendwann eine Frau, mit ihrer Aussteuer, mit nach Hause.
Die Tradition ist zu stark. Das Problem zu groß und zu ignoriert.
Ich durfte bisher eine arrangierte - und eine Liebeshochzeit miterleben. Ein Mädchen aus meinem PG durfte nach sechs Jahren Kampf und Diskussionen mit ihren Eltern den Mann heiraten, den sie liebt. Das ist noch eine Seltenheit und lange nicht alltäglich. Auch von Seiten der heutigen Schwiegereltern dürfte es Zweifel gegeben haben, ob die Familie der Braut genug Geld für die Hochzeit zur Verfügung habe und ob sie die Richtige sei. Einen wirklichen Unterschied konnte ich zwischen den Hochzeiten nicht sehen, nur das die Braut der Liebeshochzeit etwas öfter gelächelt hat, doch sehr glücklich sah sie trotzdem nicht aus, da die Hochzeit das Ehepaar erschöpft.





Eine normale Hochzeit der Mittelschicht fängt bei ungefähr 600.000 Rupien an, das sind ungefähr 9100 Euro. Wenn man bedenkt, wie niedrig der Lohn für gute Jobs in Indien ist, so kann man sich ausmalen, was für eine Bürde die Hochzeit einer Tochter für die Familie bedeutet.
Die Hochzeit ist für beide eine anstrengende Zeit, da sie bis zu einer Woche dauern kann und viele Rituale mit sich bringt. Für den Vater der Braut ist das Ganze mit sehr viel Stress verbunden, da er alles organisieren muss und dafür sorgt, dass sich alle wohl fühlen und dass alles nach Plan läuft. Der engste Familienkreis nimmt sich meist mindestens eine Woche Urlaub um die Hochzeit traditionell zu zelebrieren. Ich habe schon ein Mal erlebt, dass der Vater einer Braut sich einen Monat Urlaub genommen hat.
Die ersten Tage werden zusammen Zuhause mit den engsten Verwandten verbracht.
An einem Tag wird beispielsweise die Braut mit Mehindi (Henna) geschmückt. Das dauert Stunden, da sie an sehr vielen Stellen am Körper die feinen und aufwendigen Malereien erhält. Alle weiblichen, engen Verwandten beider Familien treffen sich und kriegen die Verzierungen, die jedoch kleiner ausfallen als bei der Braut selbst. Die Braut soll sich an diesem Tage erholen. Erst nach dem das Mehinhi verblasst ist, muss die Frau im Haushalt des Ehemannes mithelfen.
Der Sangit ist auch ein wichtiger Bestandteil. An diesem Tag singen die weiblichen Familienmitglieder traditionelle indische Lieder und tanzen sogar. Dabei lernen sich beide Seiten gegenseitig kennen.
In Nordindien ist es üblich, dass der Bräutigam mit einem Pferd zur Festhalle reitet und von einem Hochzeitsumzug verfolgt wird. Es wird Musik gespielt und die Menschen tanzen bis zur Festhalle zu lauter Musik.
Die letzten zwei Tage der Hochzeit sind die wichtigsten und am größten gefeierten, da hierfür eine große Halle gemietet wird und unzählige Bekannte eingeladen werden. Hier findet die „richtige Heirat“, das Pheras statt. Die Braut wird herausgeputzt und gleicht einer Puppe, die sich kaum bewegen kann in ihrem schweren Sari. Dieser hat meist die Farbe Rot, Orange oder Brauntöne.
Ein Brahmanenpriester führt die Rituale durch. Ein wichtiger Brauch ist das Umkreisen eines heiligen Feuers. Das Brautpaar hält es zusammen fest um kreist das Feuer sieben Mal herum. Danach ist es offiziell verheiratet. Das kann bis zu drei Stunden dauern. Ein Ritual nach dem Nächsten, ein Foto nach dem Anderen. Und das wichtigste des ganzen: Essen! Alle Gäste werden sofort in einen Saal geschickt um sich die Bäuche vollzuschlagen. Dass das ganze ungeheuer teuer ist, kann man sich gut vorstellen, wenn man die Menschenmasse sieht. Ständig kommen und gehen neue Gäste. Die meisten Gäste gratulieren schnell, essen und gehen mit vollem Magen wieder Nachhause.
So habe ich es erlebt und so wird es mir immer wieder erzählt. Für Inder ist das nun mal so, sie kriegen auch von allen möglichen Leuten Einladungen. Hochzeiten haben einen hohen Stellenwert. Wenn man bei jemandem eingeladen war, solle man sich sozusagen auf seiner eigenen Hochzeit revanchieren. Da es außerdem ein einmaliges Ereignis ist, wird an Stoffen, Kleidung, Essen und Dekorationen nicht gespart.






Ich hoffe, ich konnte euch einne kleinen Einblick geben. Das Mädchenproblem sehe ich oft und es ist nicht einfach für mich damit umzugehen. Doch muss ich es als Teil von Indien sehen und hoffen, dass die Regierung und die Menschen in diesem Lande ihre Augen nicht verschließen und bald mit dieser Tradition brechen, da sonst die Hälfte der indischen Bevölkerung pervers vernichtet und menchenfeindlich wird!


Quellen:
http://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article106265926/Indiens-verlorene-Toechter.html
und Berichte von indischen Freunden

1 Kommentar:

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