Dienstag, 20. März 2012

Saraswathipuja

Jedes Jahr Ende März, kurz vor den Final Exams (Abschlusssprüfungen) wird in meiner Schule die Saraswathipuja gefeiert. Saraswathi ist eine Göttin, die für Erfolg in Prüfungen steht. Ihr wird ein Tag gewidmet um sie anzubeten und sich dadurch gute Ergebnisse zu erhoffen. Am Freitag war es soweit. Es fand ein Unterricht statt, die Lehrerinnen haben besonders schöne Saris angezogen und die Kinder haben sich herausgeputzt. Die Mädchen strahlten in ihren goldenen, funkelnden Kleidern. Auch ich wurde in einen Sari gewickelt.Der Vormittag bestand nur aus Vorbereiten. Nach dem Mittag startete dann das Programm. Es bestand aus einer Puja (Ritual vor dem Gottesbild), Tänzen, Gesängen, Reden und Theatervorführungen.
Es war ein schöner Tag, an dem die Kinder noch mal Spaß haben konnten bevor es in einer Woche richtig ernst für sie wird.

Mein Kollegium


























Mir geht es nach wie vor sehr gut hier! So langsam rückt das Abflugdatum (21. Juni) immer näher und ich will es noch gar nicht wahrhaben. Die Temperaturen klettern jeden Tag gefühlte 10 ° höher und ich schwitze. Ich bin schon durchgeschwitzt bevor ich die Schule erreiche.Der April und Mai sollen die heißesten Monate werden. Wie das wird, will ich mir gar nicht vorstellen...
Am Dienstagabend müssen wir wieder Richtung Kundapur, da dort in der Nähe unser Midstay-Camp stattfindet. Wieder werden alle deutschen Freiwilligen zusammentreffen und es werden hoffentlich interessante Sachen ausgetauscht. Das ganze dauert drei Tage.
Von dort aus fahre ich an den Strand in Gokarna, anschließend nach ins Paradies Goa, dann erkunde ich endlich mal ausgiebig Mumbai und zum Schluss werde ich die wunderbaren Höhlenanlagen in der Nähe von Aurangabad, das sich in Zentralindien befindet, bewundern.
Da die letzte Woche im März an meiner Schule Exams geschrieben werden und ich nicht unterrichten könnte, verpasse ich nichts. Ich werde bis Anfang April unterwegs sein. Nach den Exams sind für die Schüler Ferien. Lediglich am 10. April müssen sie noch ein Mal zur Schule, da dann die Resultate verkündet werden. Das möchte ich miterleben.
Was ich dann in den zwei Monaten Sommerferien anstelle, ist mir noch nicht ganz klar. Vielleicht werde ich in einem Waisenheim arbeiten. Ich halte euch auf dem Laufenden!
Im April werde ich endlich einen Bericht und Fotos von meiner großen Reise in den Norden veröffentlichen. Ihr müsst euch also noch etwas gedulden.

Sonnige Grüße nach Deutschland,
bis dann!

Montag, 19. März 2012

Das Land der religiösen Vielfalt




Die Religion, der Glaube – das ist ein wichtiges Thema in Indien. Fragen wie: „Welchen Gott betest du oder deine Familie an?“ hört man nicht selten. Die Religiosität der Inder ist auf den ersten Blick zu erkennen. Reisende und Ausländer sehen überall Tempel, Moscheen und Kirchen. Ebenso sieht man unzählige Schreine, heilige Bäume, Götterstatuen und Gottesbilder. Letztere befinden sich in jedem Zuhause, in Geschäften, in Bussen, Fahrzeugen und in der Stadt an Wänden oder Plakaten.Jede Familie und jeder Ladenbesitzer ehrt seine Bilder bzw. Götter mindestens ein Mal am Tag mit Gebeten und Weihrauch. Dies wird „Puja“ genannt. Sie gibt es in allen möglichen Formen.
Die meisten Inder sind Hindus; etwa 80 %. Außerdem gibt es viele Muslime (13,4%), Christen (2,3%), Sikhs (2%), Buddhisten (0,8%), Jains (0,4%) und eine kleine Zahl an Parsen und Juden. Die Ureinwohnerstämme heißen Adivasi (8%) und werden den Hindus zugerechnet, obwohl sie in Wirklichkeit Naturreligionen angehören.
Wie ihr seht, sehr vielfältig und interessant!
Der Hinduismus ist schon sehr alt und sehr schwer zu erklären, deswegen versuche ich es auch gar nicht erst. Ich bin schon fast ein Jahr hier, verstehe aber noch sehr wenig von dieser Religion und ihren Ritualen. Ich würde sagen, es ist eine der kompliziertesten und unverständlichsten.
Als muslimische Herrscher ab dem Jahr 1000 in Indien einmarschierten, begann sich der Islam auszubreiten. Sie waren mächtig und eroberten den gesamten nordindischen Bereich. Noch heute kann man das Ausmaß sehen und viele historische Städte besuchen, die von dieser Zeit berichten. Sie zerstörten viele Tempel und unterdrückten die Hindus. Zwischen beiden Religionen gibt es große Unterschiede. Der Islam ist monotheistisch, das heißt es gibt keine Abbildung ihres Gottes. Im Hinduismus wimmelt es nur so von verschiedenen, bunten Götterbildern. So ist das Zusammenleben zwischen diesen beiden Religionen nicht einfach. Es gab viele Probleme in der Vergangenheit, deswegen sind viele Muslime nach Pakistan ausgewandert. Ich hab es schon des öfteren mitbekommen, dass Hindus Muslime nicht sehr gern mögen oder verächtliche Bemerkungen über sie ablassen.
Der Sikhismus entstand aus muslimischen und hinduistischen Elementen. Sie sind als wehrhaft und geschäftstüchtig bekannt. Deswegen werden sie öfter diskriminiert. Sie sind vor allem im Norden von Indien vorzufinden und an ihren Turbanen zu erkennen.
Das Christentum breitete sich erst vor 500 Jahren in Indien aus, aber es ist seit dem 4. Jahrhundert in Indien nachgewiesen. Die höchste Prozentzahl an Christen findet man in Kerala und Goa. Dort kamen früher Seemänner aus Europa, vor allem Portugal an und setzten den Grundstein für die Ausbreitung ihres Glaubens.
Der Buddhismus und der Jainismus sind im 6. Jahrhundert als Reformreligionen des Hinduismus entstanden. Sie sind gegen die Teilung in Kasten und den strikten Ritualismus.
Der Buddhismus ist heute jedoch eher in den Nachbarländern wie Thailand, Tibet und Sri Lanka verbreitet als in Indien selbst. Ich habe auch schon buddhistische Tempel besucht und Mönche getroffen. Ich muss sagen, dass ich begeistert von ihnen war. Das sind sehr nette Menschen, die Frieden ausstrahlen.
Der Jainismus ist weltabgewandt und asketisch. Diese Menschen versuchen so wenig Lebewesen wie möglich zu töten. Sehr streng Gläubige tragen sogar einen Mundschutz und tragen einen kleinen Besen mit sich herum um den Platz, auf den sie sich setzen wollen, zu fegen und somit nicht aus versehen kleinste Lebewesen zu töten. Diese Menschen tragen eine weiße Tracht. Solchen bin ich aber bisher nur ein Mal begegnet. In jainistischen Tempeln war ich auch schon, auch dort gab es sehr strenge Vorschriften.
Auch die politische Spitze des Landes spiegelt die Vielfältigkeit der Religionen wider. Der Premierminister ist ein Sikh; die Präsidentin eine Hindu; der Vize Präsident ein Moslem; die Vorsitzende der größten politischen Partei eine Christin.

Ich habe seit meinem Aufenthalt hier viel dazu gelernt und sehe einen krassen Unterschied zu Deutschland und allgemein dem Westen.

Freitag, 16. März 2012

Die Frau in Indien

Die Frau in Indien hat es nicht leicht.
Es fängt schon bei der Geburt an. Als erstgeborenes Kind wird sich immer ein Junge gewünscht. Eine Frau gilt als besonders „fleißig“ oder „gut“, wenn sie so viele Jungen wie möglich gebärt. Da Jungs, wenn sie älter sind, mit zu dem Einkommen der Familie beitragen, sind sie „höherwertiger“ als Mädchen.
Nach der Geburt wartet ein hartes Leben auf sie. Viele Mädchen werden sehr früh verheiratet, vor allem in den niedrigeren Kasten. Dabei ist das System der arrangierten Ehe zu erwähnen. Die Frau kann in den meisten Fällen nicht selber entscheiden wann und wen sie heiraten will. Die Familie übernimmt die Wahl. Es wird jemand aus der gleichen Kaste und am besten aus der gleichen Region gesucht. Erst seit kurzer Zeit kann man auch von Liebeshochzeiten hören. Die Eltern müssen der Tochter oder dem Sohn ein „okay“ geben, damit diese frei entscheiden dürfen. Aber dies ist meist nur bei den moderneren und reicheren Indern möglich.
Natürlich sind viele unglücklich, wenn sie sich nicht zu jemandem angezogen fühlen, diesen aber heiraten und Kinder von ihm gebären müssen. Viele Männer schlagen ihre Frauen zudem. Ich habe es leider schon selber sehen und hören müssen.
Außerdem arbeiten viele Frauen nicht mehr, wenn sie verheiratet sind, da sie sich dem Haushalt oder die Kinder kümmern müssen. Vor allem in den niedrigeren Kasten sind diese außerdem sehr ungebildet, da sie nicht frei sind und gar nicht die Chance haben auf eine vernünftige, höhere Schule zu gehen. In Indien können über 200 Millionen Frauen nicht lesen!
Nach der Heirat ziehen sie in das Haus ihres Mannes und müssen ihre eigene Familie also verlassen. Schwierig wird es, wenn sie sich mit den Eltern ihres Mannes nicht verstehen und schlecht behandelt werden.
So langsam gibt es auch Frauen in höheren Positionen und mit viel Ansehen. Ich selbst habe es in meiner alten Gastfamilie miterlebt. Jedoch sollte betont werden, dass diese auch aus reichen und modernen Familien stammen. Sie sind selbstbewusster und verdienen ihr eigenes Geld beispielsweise nach einem Medizin- oder Softwarestudiengang. Die Mädels aus meinem PG sind ein gutes Beispiel dafür. Für ärmere Frauen ist dies unmöglich. Für sie ist es ein Teufelskreis, dem sie nur sehr schwer entkommen können.


Ich möchte an dieser Stelle ein Beispiel eines Schicksals einer Frau zeigen. Es handelt sich um Asha, meine „Gastmutter“. Sie kümmert sich um das Essen in unserer WG und hat dieses PG gegründet. Sie sucht ständig neue Bewohner, wenn Mädchen ausziehen. Sie wohnt mit ihrem Mann, dessen Eltern und einem ihrer Söhne in der gegenüberliegenden Wohnung. Sie ist ständig am hin und herlaufen. Oft beklagt sie sich über Schmerzen oder familiäre Probleme. Es scheint, als würden ihre Probleme und Sorgen immer mehr. Sie wurde verheiratet und ist mit ihrer Ehe unzufrieden. Ihr Mann behandelt sie schlecht, unterstützt sie nicht finanziell und scheint ein ganz schöner Egoist zu sein. Ich habe ein mal gehört, wie sie sich laut gestritten haben und meine dabei gehört zu haben, dass er sie geschlagen hat. Er schlägt auch seine Söhne und sie kann nichts dagegen tun. So saß sie weinend auf unserem Balkon und wir wussten nicht, wie wir ihr helfen können. Wir können es einfach nicht, in Indien steht die Frau einfach unter ihrem Mann und hat ihm zu gehorchen. Als wir uns ein Mal lange unterhalten haben, hat sie neugierig gefragt, was denn in Deutschland ist, wenn sich Frau und Mann nicht mehr verstehen. Wir mussten ihr leider erzählen, dass es viel zu viele Scheidungen in unserem Land gibt. Sie meinte, sie hätte auch schon darüber nachgedacht, es wäre aber unmöglich. Scheidungen gibt es in Indien bisher nur sehr selten. Und das auch nur bei sehr wohlhabenden Menschen.
Auch mit ihrem Bruder hat sie Auseinandersetzungen. Ihre eigenen Eltern können sie finanziell nicht unterstützen und ihr Bruder versäuft des öfteren sein verdientes Geld. Ein Mal hat sie uns ihr Herz ausgeschüttet und von ihrer Jugend erzählt. Sie hat erwähnt, dass sie sich schon sehr früh ein Kind gewünscht hat und ein Mal abtreiben musste, weil die Mutter ihres Mannes es für einen ungünstigen Zeitpunkt hielt (und ich schätze, es hat sich um ein Mädchen gehandelt). Sie wurde nämlich sehr traurig, als sie von ihrem Wunsch eine Tochter zu haben, erzählte. Sie meinte, diese könnte sich um sie kümmern, wenn sie krank sei. Von den Jungs kann sie das nicht erwarten.
Ich sehe oft, dass es ihr nicht gut geht und es tut mir weh, zu wissen, dass ihre Situation ausweglos ist und dass es noch sehr vielen Frauen in Indien so geht.


So glücklich sieht sie selten aus..
Hier mit zwei Freunden auf einer Hochzeit.

Donnerstag, 15. März 2012

Bharatha Sevadala Camp

Kaum angekommen von meiner Reise durch den Norden Indien (ja, ein Bericht kommt bald!) habe ich am 28. Februar wieder mit der Arbeit begonnen und war überglücklich als ich wieder in meine süßen, hübschen indischen Kinderaugen sehen konnte. Sie haben mir wirklich sehr gefehlt. In der Schule hat sich in den drei Wochen, in denen ich abwesend war, einiges getan. Meine Schule hat jetzt fließendes Wasser. Ich bin sehr froh über diese Entwicklung. Außerdem habe ich erfahren, dass meine „Lieblingslehrerin“ (sie war sozusagen meine Ansprechpartnerin im Projekt, da sie die einzige war die einigermaßen Englisch sprechen konnte) schwanger sei und nicht mehr in die Schule komme, da ihr Arzt ihr Bettruhe verordnet hat. Für mich eine Neuigkeit mit zwei Seiten – einerseits freute ich mich für sie, da sie erst eine Tochter hat und es in ihrem schon recht hohen Alter (35) endlich geschafft hat noch ein Mal schwanger zu werden. Sie hatte sich schon lange ein weiteres Kind gewünscht. Außerdem freute ich mich für Sammu, das ist ihre neunjährige Tochter, da sie endlich ein Geschwisterchen bekommen würde. Sie kam jedes Mal nach der Schule zu uns an die Schule. Sie geht auf eine besondere staatliche Schule und spricht sehr gut Englisch. Ich habe mich mit der kleinen befreundet und sie lieb gewonnen. Jeden Tag habe sie gesehen und mit ihr vernünftig reden können (nicht so mit meinen Kollegen aufgrund ihrer mangelnden Englischkenntnissen). Sie und ihre Mutter würde ich also nicht mehr in der Schule sehen! Das war die andere, traurige Seite der Neuigkeit.

Zwei Tage darauf ging die Action, um die es in diesem Blogeintrag gehen soll, weiter. Am Donnerstag wurde ich von einer Lehrerin gefragt, ob ich mit auf das „Camp“ wollte. Darüber hatten die Kinder schon lange geredet. Ich hatte mich immer noch nicht richtig von unserer Reise erholt, sagte aber aus Neugierde zu. So etwas konnte ich mir doch nicht entgehen lassen!
Naja.. so begeistert war ich nach einigen Stunden leider nicht mehr. Erst mussten wir in der prallen Mittagshitze mit Gepäck zu einer viel zu weit entfernen Zugstation laufen. Angekommen, mussten wir waten. Lange warten. Als endlich der Zug kam, quetschte ich mich mit sieben Mädchen auf eine Sitzreihe, die für drei Leute gedacht ist. Alles machbar. Gut gelaunt ging es los. Zwar dauerte die Fahrt nur eine halbe Stunde, doch die Mütter der Kinder haben es gut mit ihnen gemeint und sie mit riesigen Lunchboxen und sonstigem Knabberkram ausgestattet. Essen geteilt, gesungen und sich gefreut!

In Najangud angekommen, mussten wir wieder warten. Der Bus kam nicht. Mir war zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, dass wir noch 34 Kilometer in ein abgelegenes Dorf fahren müssen. Nach ewigem Herumsitzen wurde verkündigt, dass uns eine Art Truck ins Dorf befördern würde. Vorne saß ich mit einer Kollegin, einer Mutter, einer Lehrerin einer anderen Schule und dem Fahrer. Hinten auf der Ladefläche haben es sich die inzwischen über 40 Kinder bequem gemacht. Das Gepäck wurde schön typisch mit ein paar Seilen auf dem Dach befestigt. Eine Huckelfahrt, die die Kinder aufschrien ließ, einige zum Übergeben gebracht hat und mir Sorgen um meinen Rucksack (inclusive Spiegelreflexkamera), der sich oben befand, beschert hat. Ich war müde, fertig mit den Nerven und wollte einfach nur ankommen. Das war eindeutig die huckeligste Fahrt in Indien! Später stellte sich auch heraus, warum. Als wir ankamen, war es längst dunkel. Wir hielten vor einer Schule und alle stiegen aus. Und nun? Ich wollte schlafen. Die Kinder liefen in die Klassenräume. Verzweifelt fragte ich meine Kollegin wo wir denn schlafen würden. Doch sind ihre Englischkenntnisse so schlecht, dass sie mir nicht einmal diese simple Frage beantworten konnte. Als erstes wurde das Gepäck abgelegt. Gleich darauf wurde Essen verteilt. Auf dem Boden im Schneidersitz vor einem Bananenblatt haben alle gierig auf das Essen gewartet. Jetzt waren noch mehr Kinder da – die Schüler aus dem Dorf waren auch von der Partie. Verteilt wurde das Essen von den Dorfbewohnern. Die Schule war klein, aber recht schön und neu. Es war schon sehr spät als alle fertig. Die Kinder liefen alle wieder in die Klassenräume. Einige fingen an ihre an ihre Bettbezüge aus ihren Taschen herauszukramen und auf dem Boden zu verteilen. Dann wurde mir klar, wo und wie ich die nächsten zwei Nächte schlafen werde. Auf dem Boden einer Klassenraumes auf einem einfachen Tuch (das ich nicht einmal dabei hatte). Meine Euphorie war kaum zu bändigen! So verbrachte ich die Nächte mit 25 Kindern in einem Raum. Natürlich durfte ich ein paar Zentimeter von Laken der Kinder haben. Ich konnte mich auf Grund von Platzmangel nicht bewegen und bekam regelmäßig von dem Mädchen neben mir eine geklatscht – sie hat wohl beim Schlafen vergessen, dass jemand neben ihr liegt... An schlafen war also wohl nicht zu denken.

Wozu auch, wenn man schon um halb 5 geweckt wurde. Alle Kinder versammelten sich auf dem Schulhof und saßen im Schneidersitz bereit für den „Prayer“. Vorne saßen die Lehrer der Schulen und jeweils einer hat aus einem Buch vorgelesen oder gesungen. Die Kinder sprachen es mit geschlossenen Augen nach. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Meine Füße schliefen ein und schmerzten. Beeindruckend, wie lange Inder im Schneidersitz sitzen können ohne sich zu bewegen. Bis zum Sonnenaufgang wurde gebetet. Erleichtert brachte ich meine Beine in eine andere Position. Danach ging es zur Mitte des Dorfes (nur ein paar Schritte weiter), dort wurde eine kleine Bühne aufgebaut. Die Kinder nahmen wieder auf dem Boden Platz und die Lehrer, Direktoren und sonstige Veranstalter auf der Bühne. Die Kinder waren ordentlich in Uniformen, ebenso die Erwachsenen in irgendwelchen traditionellen dazu passenden Kleidungen. Sie sangen oder riefen irgendwelche Texte ins Mikro, die Kinder sprachen es nach. So ging es den ganzen Tag. Zwischendurch wurden noch Drillübungen gemacht oder Tänze geprobt. Ersteres sah für mich affig aus, ich musste mir das Lachen verkneifen. Aus Deutschland kenne ich so etwas nicht. Allgemein war das ganze sehr langweilig für mich. Den Sinn der Übungen habe ich nicht verstanden und die Texte ebenso wenig. Es war wirklich alles auf Kannada! Ich konnte mit niemandem reden. Aufs Essen hab ich mich immer sehr gefreut. Nicht wegen des Essens an sich (ich bin immer noch kein Reisliebhaber), sondern weil die Kinder zurück zur Schule gelaufen sind und die Stimmung lockerer wurde. Die Kinder durften Kinder sein und ich hatte Spaß mit ihnen.







Am nächsten Tag stellte sich heraus, warum am Tag davor bestimmte Lieder oder Drillübungen unzählige Male wiederholt und einstudiert wurden. Einige „wichtige“ Menschen kamen aus Nanjangud und Mysore in das 100-Seelen Dorf um sich die „Show“ der Kinder anzuschauen. Zuvor wurde ein Marsch durchs Dorf veranstaltet. Alle Kinder haben eine Schlange gebildet. Vorne haben ein paar Jungs auf Trommeln gehauen und in Trompeten geblasen. Plötzlich fingen alle an Parolen zu schreien. Ich hab mal wieder nichts verstanden. So bin ich brav mitgelaufen und habe das süße Örtchen gemustert. Viele, kleine Hütten, unzählige Kühe und kein Plastik und Müll auf dem Boden, da es auch keine Läden oder Stände gab, wie man es sonst aus größeren Orten kennt. Alle Einwohner kamen aus ihren Häuschen raus und haben sich das Spektakel angeschaut. Es war toll.








Das große Event war für mich mal wieder eher langweilig. Die wichtigen Menschen haben viel zu lange reden auf Kannada gehalten und die Gesänge habe ich ja schon einen Tag zuvor zu genüge gehört. Doch irgendwann wurde meine Langeweile gebrochen. Meine Mädchen liefen hektisch ins Klassenzimmer um ihre schicken Kleider anzuziehen, ganz viel Schmuck umzuhängen und sich Haare flechten zu lassen. Der Stress war ganz umsonst, denn als sie fertig waren, mussten wir noch zwei Stunden warten.

Ich wurde des Öfteren auf die Bühne gebeten und sollte etwas auf Kannada sagen und das Camp loben. Natürlich war es nicht viel was ich sagen konnte, aber alle haben sich furchtbar gefreut! Bei meiner letzten Aufforderung wurde ich, wie die anderen wichtigen Gäste, geehrt. Ich erhielt einen Blumenkranz, ein Monument und eine Art Umhang, der dafür steht, das mir besonderer Respekt gezeigt wird.

Die Veranstaltung zog sich. Viel länger als erwartet. Als meine Mädchen endlich an der Reihe waren, waren sie fast schon zu müde vom ganzen Warten. Außerdem war es wirklich warm.













Nach einem viel zu späten Mittagessen sollte es dann endlich zurück nach Mysore gehen. Ich war erleichtert, als es hieß, die Function sei vorbei. Auch der Rückweg wurde noch lustig. Alles andere als durchplant und ein reinstes Chaos. Über hundert Umwege sind wir irgendwann abends in Mysore angekommen. Ich erwähne an dieser Stelle nur eine der vielen Fahrten in einem Minivan (Auto für 8 Personen). Wir haben uns mit 27 Personen + Gepäck in eins quetschen können. Das nenn ich mal eine Leistung! Das hätte ich gern fotografiert, doch konnte mich keinen Zentimeter bewegen.

Es war ein einzigartiges Wochenende, das mir noch ein Mal das Dorfleben, die indische Kultur und ihre Menschen näher gebracht hat. Es hat meine Kinder und mich zusammengeschweißt. Aber es war auch ein Wochenende des Unverstandenseins und ich habe mich auf mein Bett gefreut. Zudem wartete Yvonne Zuhause mit unserer indischen Freundin Sangeetha. Yvonne hatte an dem Tag Geburtstag und mir wollten uns zur Feier des Tages Pizza liefern lassen! Jaa, das geht! Pizza in Indien! Zwar nicht hundertprozentig wie in Deutschland, aber gut und es hat uns glücklich gemacht.


Mein Preis

Meine süße Gruppe